Die Puszta Brutzler
Am 5. Juli 2008 war es soweit. Zum ersten Mal fand im ungarischen Nationalpark Hortobágy ein Halbmarathon querfeldein durch die Puszta statt. Bis letztes Jahr war die längste Strecke dort lediglich 16 km gewesen. Das Mallorca-Extrem Team ließ sich nicht lange bitten und meldete für diesen Premierenhalbmarathon. Während sich „Mr. Unkaputtbar Bruno” und „Mr. Ständigkaputt Markus” für die lange Strecke registrierten, nahm die Frau in unserer Mitte, Mónica, die 12 km Distanz in Angriff. Daneben liefen auch noch unsere ungarischen Freunde Vera (12 km) und Zoltán (21 km; Zoltán zu Deutsch Gerhard) mit.
Der ungarische Name dieses Pusztalaufs ’Délibáb’ (zu Deutsch Fata Morgana) gibt bereits einen Hinweis auf die erste Hürde, die bei diesem Lauf zu nehmen ist. Es ist verdammt heiß in der Puszta und es gibt keinen Baum, ja keinen Strauch, der auch nur einen Meter Schatten spendet. Temperaturen von 38-40 Grad Celsius sind deshalb in den Sommermonaten Juli und August keine Seltenheit. (Wie zum Beispiel im letzten Jahr als „Mr. Ständigkaputt” am 16 km Lauf teilnahm.) Dieses Jahr war die Temperatur etwas moderater, jedoch immernoch deutlich über 30 Grad Celsius. Der zweite wesentliche Schwierigkeitsfaktor ist die Laufstrecke an sich. Die Strecke ist weder asphaltiert noch ein ebener Schotterweg, sondern geht wirklich querfeldein durch die Puszta, meistens auf ausgetrockneten Pfaden, die während der letzten Regenzeit von den Graurinderherden hinterlassen wurden. Der Pfad ist daher gesäumt von tiefen Furchen und Löchern und gewissermaßen knöchelbruchverdächtig. Daneben gilt es noch auf offener Strecke einen Bahndamm und Gleise zu überqueren (wohlgemerkt nicht an einem Übergang!) und auch noch kurz vor dem Ziel eine steile Treppe hinabzulaufen. An dieser Stelle noch ein Zitat von „Mr. Unkaputtbar”: „Ich hab’s mir schon schlimm vorgestellt, aber so schlimm nun auch wieder nicht”!
Nun gut, die 5 Freiwilligen ließen sich auch dadurch nicht abschrecken. Bei geschätzten 35 Grad brutzelten sie noch eine Weile vor dem Start in der Sonne – warm machen war ja nicht nötig – bevor es los ging. Mit dem Startschuß preschte Zoltán in Gerhard-typischer Manier nach vorne und wurde bis zum Ziel nicht mehr gesehen. Die anderen vier gingen die Sache erst einmal etwas gemütlicher an und versuchten die Schönheiten der Natur etwas zu genießen, solange es noch ging. Leider ging es nicht lange so gut. „Mr. Ständigkaputt” laborierte schon seit ca. 3 Wochen an Schmerzen in der Wade und - seinem Namen alle Ehre machend – nach 3km ging die Muskulatur in der rechten Wade „zu”, was sich später als ein 1cm langer muskulärer Einriß in der rechten Wade herausstellen sollte. Dadurch wurde der bereits langsame km-Schnitt noch einmal deutlich reduziert und „Mr. Ständigkaputt” entschied sich, mit Vera und Monica in gemächlicherem Tempo weiterzulaufen. Für „Mr. Unkaputtbar” war nun der Moment gekommen, mit einer seiner Lieblingsbeschäftigungen zu beginnen: „Gerhard-Jagen”! So verschärfte er dermaßen sein Tempo, dass bald hunderte von Läufern in eine Staubwolke gehüllt wurden und auch die Graurinder, die in unmittelbarer Nähe grasten, ungläubig ihre Augen verdrehten. Leider mußte „Mr. Unkaputtbar” nach 10 sehr schnellen Kilometern einer wieder auftretenden Verletzung Rechnung tragen. Eine Sehnenentzündung zwang ihn, seine Aufholjagd zu beenden und mit dosiertem Tempo die restlichen 8 Kilometer zu laufen. Zwischenzeitlich hatten sich auch die Wege von „Mr. Ständigkaputt” und Vera und Monica getrennt. Alle Distanzen (6km, 12km, 21km) begannen nämlich zeitgleich und man konnte bei den Abzweigen seine Distanz wählen. Während die Frauen locker und imernoch fröhlich quasselnd dem Ziel entgegenliefen, humpelte sich „Mr. Ständigkaputt” noch ein paar Plätze nach vorne, da doch einige der ca. 700 Teilnehmer der Hitze Tribut zollen mußten und sich nur noch gehend dem Ziel entgegen bewegten. Als erste liefen schließlich die Frauen in das Ziel ein, gefolgt von dem wie entfesselnd laufenden ungarischen Gerhard, der in 1:34h den insgesamt 43.Platz von über 700 Teilnehmern erzielte und damit auch seine überhaupt zweibeste Halbmarathonzeit erreichte. Es folgte kurze Zeit später ebenfalls mit einer ansprechenden Zeit trotz der langsamen ersten 3 und der dosierten letzten 8 Kilometer „Mr. Unkaputtbar Bruno”. Schließlich erreichte auch „Mr. Ständigkaputt Markus” mit einer Zeit von über 2h völlig kaputt das Ziel.
Nachdem alle wieder glücklich vereint waren, konnte zum gemütlicheren Teil dieses Pusztaausflugs übergegangen oder besser übergerumpelt werden. Direkt neben dem Start- und Zielbereich gibt es in Hortobágy eine Csárda (zu Deutsch etwa so etwas wie ein Landgasthaus), in dem noch einmal jeder ausführlich eine Schilderung seiner Erlebnisse während des Laufs - zum Beispiel Zahl und Art der gesehenen Tiere, der typischen Ziehbrunnen, der Gehöfe, etc. - von sich gab. Als Stärkung nach dem Lauf wurden dann bei mittlerweile kühlen Temperaturen von unter 30 Grad (der Lauf wurde traditionell um 14 Uhr bei der größten Hitze des Tages gestartet) die bekannten Puszta Brutzler aufgetischt. Für alle noch nicht Ungarn-Experten: Die Puszta Brutzler werden aus reinem Rindfleisch der Puszta-typischen Graurinder hergestellt und sind in etwa mit serbokroatischen Cevapcici vergleichbar, nur noch etwas feuriger! Mit entsprechend viel Bier wurde anschließend auf den Erfolg des ungarischen Gerhard und der Frauen angestoßen, während „Mr. Unkaputtbar” und „Mr. Ständigkaputt” damit die dringend notwendige Erstbehandlung gegen ihre Schmerzen einleiteten. Während die ungarische Fraktion noch am Abend die Rückfahrt nach Budapest antrat, blieben die Mallorca-Extremler über Nacht im Puszta Nationalpark. Nachdem der Großteil der Läufer bei der hereinbrechenden Dämmerung Hortobágy verlassen hatte, kehrte endlich auch wieder die Ruhe in der Puszta ein. Nur ab und zu hörte man noch ein Graurind röhren, einen Vogel zwitschern oder auch einen Mallorca-Extremler ein Bier schlürfen. Nach der Zweit- und der Drittbehandlung der Wunden waren sich auch die ME-ler wieder einig, dass sich der Abstecher in die Puszta mit allen ihren landschafltichen Schönheiten trotz der daraus resultierenden Schmerzen auf jeden Fall gelohnt hatte.
Anbei noch eine Luftaufnahme von der Halbamarathonstrecke mit den eingeklinkten Sehenswürdigkeiten.
Kurze Erklärungen zum dem Foto:
Rajt/Cél bedeutet Start/Ziel
Kilenclyuku híd bedeutet neunbögige Brücke
Hortobágy und Mata sind Ortsnamen
Tanya = Farm
Híd = Brücke
Erdő = Wald
Csikós pihenő = Raststätte für die typischen Pusztareiter (Csikós)
Alles andere sind Eigennamen
Die roten Punkte zeigen die Verpflegungsstellen an
Anbei weiteres Bildmaterial, das vom „ungarischen Gerhard = Zoltán”, „Mr. Unkaputtbar Bruno” und „Mr. Ständigkaputt Markus” zusammengetragen wurde.
Bild 2255: neunbögige Brücke in Hortobágy, rechts Start- und Zielbereich
Bild 2271: Schwarzes Zackelschaf
Bild 2272: Weißes Zackelschaf
Bild 2279: Typische Puszta Graurinder
Bild 2282: Csikós (Pusztareiter) in ihrer typischen Tracht
Bild
2293: Unsere ungarischen Freunde Vera und Zoltán auf dem
ausgetrocknetem Pfad der Graurinderherden (Bild vom letzten Jahr, da
liefen sie noch gemeinsam!)
Bild 3227: „Mr. Unkaputtbar Bruno” entspannt vor dem Lauf in der Csárda
Bild 3231: ...so seh’n Sieger aus ...
Bild 3237: Typischer Ziehbrunnen in der Puszta
Bild 3251: Auf fast jedem Mast sah man sie niesten: Störche mit ihren Jungtieren
Anschliessend alle Bilddokumente noch einmal zusammengefasst in einer Bildergalerie.